Inhalt:
Die Organisation des Bundestages
Im Grundgesetz wird festgelegt, dass der Bundestag einen Präsidenten, dessen Stellvertreter und Schriftführer wählt und sich eine Geschäftsordnung gibt (Artikel 40 I GG).
Organe des Bundestags:
Der Präsident (Artikel 40 II GG).
Der Präsident des Bundestages beruft den Bundestag ein, leitet die Plenarsitzungen und hat beratende Stimme in allen Ausschüssen. Er übt das Hausrecht sowie die Polizeigewalt im Bundestagsgebäude aus. Außerdem vertritt er den Bundestag nach außen (§ 7 Geschäftsordnung des Bundestages [GOBT]). Er wird für die Dauer der Legislaturperiode gewählt.
Das Präsidium
Wird aus Präsident und Stellvertretern gebildet und berät innere Leitungsangelegenheiten des Bundestags.
Die Schriftführer
Die Schriftführer unterstützen den Präsidenten bei der Leitung der Bundestagssitzungen, sie nehmen zum Beispiel Wortmeldungen entgegen und stellen Abstimmungsergebnisse fest.
Der Ältestenrat
Der Ältestenrat besteht aus dem Präsidenten des Bundestages, seinen Stellvertretern und weiteren 23 Abgeordneten, die von den Fraktionen, entsprechend dem Verhältnis ihrer Mitgliederzahl benannt werden. Er unterstützt den Präsidenten bei seiner Arbeit und sorgt für einen koordinierten Arbeitsablauf im Bundestag. Zum Beispiel koordiniert er den Arbeitsplan zwischen den Parteien oder bereitet die Tagesordnung von Sitzungen vor (§ 6 GOBT).
Die ständigen Ausschüsse (Artikel 45 ff GG)
Ständige Ausschüsse sind kleinere Gruppen von Abgeordneten, die sich dauerhaft mit speziellen politischen Themen befassen. Hier wird die eigentliche Sacharbeit des Parlaments, wie die detaillierte Vorberatung von Gesetzesentwürfen, geleistet.
Die folgenden Pflichtausschüsse werden durch das Grundgesetz festgelegt:
- EU-Ausschuss
- Ausschuss für Verteidigung
- Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten
- Petitionsausschuss
Daneben gibt es weitere (freiwillige) Ausschüsse, in der Regel mindestens ein Ausschuss pro Ministerium.
Die politischen Kräfteverhältnisse in den Ausschüssen entsprechen den Verhältnissen im Plenum.
Artikel 45
Der Bundestag bestellt einen Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union. Er kann ihn ermächtigen, die Rechte des Bundestages gemäß Artikel 23 gegenüber der Bundesregierung wahrzunehmen.
Artikel 45a
(1) Der Bundestag bestellt einen Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten und einen Ausschuß für Verteidigung.
Artikel 45c
(1) Der Bundestag bestellt einen Petitionsausschuß, dem die Behandlung der nach Artikel 17 an den Bundestag gerichteten Bitten und Beschwerden obliegt.
Untersuchungsausschüsse
Auf Antrag eines Viertels der Abgeordneten können Untersuchungsausschüsse zu einzelnen aufklärungsbedürftigen Themen eingerichtet werden. Diese Untersuchungsausschüsse bestehen im Gegensatz zu den anderen Ausschüssen nur für begrenzte Zeit – für die Dauer der Untersuchung.
Artikel 44
(1) Der Bundestag hat das Recht und auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder die Pflicht, einen Untersuchungsausschuß einzusetzen, der in öffentlicher Verhandlung die erforderlichen Beweise erhebt. Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden.
Der Wehrbeauftragte (Artikel 45 b GG)
ist ein ständiger „Einmann-Untersuchungsausschuss” zur demokratischen Kontrolle der Bundeswehr
Weitere wichtige Begriffe im Zusammenhang mit dem Bundestag:
Fraktionen
Fraktionen sind Vereinigungen von mindestens 5 % der Mitglieder des Bundestages, die derselben Partei angehören oder verschiedenen Parteien, wenn diese in keinem Bundesland im politischen Wettbewerb stehen (§ 10 GOBT).
Sie dienen zur Vorklärung des politischen Willens, beziehungsweise zur besseren Durchsetzung der politischen Ziele ihrer Mitglieder. Fraktionen haben nach der Geschäftsordnung des Bundestages wesentliche Antrags- und Mitwirkungsrechte, außerdem richtet sich die Besetzung der Ausschüsse nach dem Stärkeverhältnis der Fraktionen.
Plenum
Das Plenum ist die Gesamtheit aller Abgeordneten (Gesetzliche Anzahl + Überhangmandate).
Koalition
Eine Koalition ist ein Zusammenschluss mehrerer Parteien zur gemeinsamen Regierungsbildung, wenn keine Partei alleine die absolute Mehrheit, die zur Regierungsbildung notwendig ist, errungen hat.
Opposition
Die Opposition umfasst alle Parteien, die nicht der Koalition angehören.
Arbeitsweise des Bundestages
Die Arbeitsweise des Bundestags, durch die Geschäftsordnung konkretisiert und ausgestaltet (Artikel 40 I GG), kann mit den folgenden Grundsätzen beschrieben werden:
- Öffentlichkeit (Artikel 42 I GG), Ausschüsse tagen jedoch grundsätzlich nichtöffentlich und auch im Plenum kann die Öffentlichkeit gegebenenfalls ausgeschlossen werden
- Unmittelbarkeit, das heißt das Bundestagsplenum trifft Entscheidungen, die Ausschüsse bereiten diese lediglich vor
- Gleichheitsgrundsatz, das heißt die im Parlament vertretenen Gruppen haben grundsätzlich gleiche Wirkungsmöglichkeiten
- Mehrheitsprinzip, das heißt die Mehrheit entscheidet (Es gibt jedoch verschiedene Minderheitenschutzrechte, zum Beispiel das Recht, Geschäftsordnungsanträge zu stellen).
- Diskontinuität, das heißt nach einer Bundestagswahl werden nicht abgeschlossene Angelegenheiten des bisherigen Bundestages komplett neu begonnen und nicht fortgesetzt.
- Mündlichkeit (zum Beispiel in Bundestagsdebatten)
Beschlussfähig ist der Bundestag, wenn mehr als die Hälfte seiner Mitglieder anwesend ist. (§ 45 GOBT)
Um die Mehrheit zu ermitteln, wird abgestimmt. Bestehen Zweifel, ob eine Mehrheit erreicht wurde, kann für die Abstimmung ein spezielles Verfahren, der „Hammelsprung” durchgeführt werden.
Beim „Hammelsprung” verlassen die Abgeordneten zunächst den Plenarsaal und treten dann einzeln durch eine von drei Türen, die mit „Ja”, „Nein” und „Enthaltung” gekennzeichnet sind, wieder in den Saal ein. Beim Eintreten werden sie von den Schriftführern gezählt.
Seit dem 19. Jahrhundert schon gibt es die Bezeichnung „Hammelsprung” für dieses Abstimmungsverfahren. Warum genau es zu diesem Namen kam, ist nicht mehr ganz nachvollziehbar.
Ausscheiden von Abgeordneten
Scheidet ein Abgeordneter aus dem Bundestag aus, zum Beispiel weil er stirbt oder sein Mandat niederlegt, so rückt von der Landesliste der Partei, für die er in den Bundestag gewählt wurde, ein Kandidat nach. Dies gilt sowohl für die direkt als auch für die über eine Landesliste gewählten Abgeordneten.
Auflösung des Bundestags
Im Falle einer Auflösung des Bundestages finden vor dem regulären Ende einer laufenden Legislaturperiode Neuwahlen statt. Dies kann sinnvoll sein, wenn im Bundestag keine Mehrheiten, die zur Beschlussfassung notwendig sind, zustande kommen.
In zwei Fällen kann der Bundestag gegebenenfalls vom Bundespräsidenten aufgelöst werden:
- Wenn bei der Wahl des Bundeskanzlers durch den Bundestag die absolute Mehrheit im dritten Wahlgang nicht erreicht wird (Artikel 63 IV GG).
- Wenn eine Vertrauensfrage des Bundeskanzlers nicht die Zustimmung der absoluten Mehrheit des Bundestags erhält und der Bundeskanzler dem Bundespräsidenten die Auflösung vorschlägt (Artikel 68 I GG).
In beiden Fällen müssen innerhalb von 60 Tagen Neuwahlen stattfinden (Artikel 39 I S 3 GG). Eine Selbstauflösung des Bundestages gibt es nicht.
Artikel 63 IV
Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande, so findet unverzüglich ein neuer Wahlgang statt, in dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält. Vereinigt der Gewählte die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich, so muß der Bundespräsident ihn binnen sieben Tagen nach der Wahl ernennen. Erreicht der Gewählte diese Mehrheit nicht, so hat der Bundespräsident binnen sieben Tagen entweder ihn zu ernennen oder den Bundestag aufzulösen.
Artikel 68 I
Findet ein Antrag des Bundeskanzlers, ihm das Vertrauen auszusprechen, nicht die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, so kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers binnen einundzwanzig Tagen den Bundestag auflösen. Das Recht zur Auflösung erlischt, sobald der Bundestag mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen anderen Bundeskanzler wählt.